Interview vom 23.12.2023 mit Herrn Heidler, Head of Investor Relations – Salzgitter AG
Inhaltsverzeichnis
Überblick über Salzgitter
Bitte geben Sie uns einen kurzen Einblick über das Unternehmen Salzgitter sowie über die wichtigsten Kennzahlen.
Der Salzgitter-Konzern zählt mit seinen ca. 7 Mio. t Rohstahlkapazität pro Jahr sowie rund 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den führenden Stahl- und Technologiekonzernen Europas.
Unter Führung der Salzgitter AG als Holding gliedert sich die Struktur des Konzerns in die vier Geschäftsbereiche Stahlerzeugung, Stahlverarbeitung, Handel und Technologie. Die Geschäftsbereiche umfassen die operativ tätigen Gesellschaften, die eigenverantwortlich markt-, kunden- und produktbezogene Geschäftsaktivitäten entwickeln und mit hoher Entscheidungsfreiheit agieren. Daneben verfügt er über industrielle Beteiligungen, so unter anderem am führenden europäischen Kupferproduzenten Aurubis, sowie zahlreiche Servicegesellschaften, die keinem Geschäftsbereich zugeordnet sind.
Mit unserer Strategie „Salzgitter AG 2030“ setzen wir neue Maßstäbe in der Industrie. Unsere Ansprüche werden durch starke Initiativen und Programme wie SALCOS® – Salzgitter Low CO2 Steelmaking verwirklicht. Mit Partnerschaften und in Netzwerken treiben wir die Weiterentwicklung hin zu einer Circular Economy aktiv voran.Im Geschäftsjahr 2022 verzeichneten wir 12,6 Mrd. € Außenumsatz. Mit 1,6 Mrd. € EBITDA sowie 1,2 Mrd. € Gewinn vor Steuern war 2022 eines der erfolgreichsten Geschäftsjahre in der Geschichte der Salzgitter AG.
Wettbewerbliches Umfeld
Wie nehmen Sie Ihre Wettbewerber und das gesamte Umfeld der Branche wahr? (Stichwort „competetive landscape“)
Das ist von Marktsegment zu Marktsegment unterschiedlich. Während es im Stahl- und Rohrgeschäft derzeit große Herausforderungen aus der konjunkturellen Entwicklung in Europa gibt, verzeichnet unser Technologiebereich ein überwiegend erfreuliches Marktumfeld, insbesondere im Markt für Getränkeabfüll- und -verpackungsanlagen.
Die Kernwettbewerber in den meisten von uns bedienten Marktsegmenten sind in der Regel etablierte Unternehmen, die wir seit Jahren – manchmal seit Jahrzehnten – kennen. Zumindest mit unseren europäischen Wettbewerbern verbindet uns meistens ähnliche Umfeldbedingungen.
Wirtschaftsstandort Deutschland und Energiekosten
Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird durch beispiellose Energiekosten immer unattraktiver. Wie kann Salzgitter zukünftig mit solch hohen Energiekosten profitabel produzieren, und was sind mögliche Lösungen?
Für uns ist ein absolutes Preisniveau nicht so wichtig wie faire Wettbewerbsbedingungen. Wir sehen dies beispielsweise bei unserem wichtigsten Rohstoff, dem Eisenerz, dessen Preis sich seit dem langjährigen Mittelwert um 50 US-Dollar je Tonne seit 2010 bis heute gut verdreifacht hat. Da dies nahezu alle Hüttenwerke der Welt betrifft, war dieser Preisanstieg kein Aufreger.
Problematisch wird es, wenn wir Kosten haben, die Wettbewerber nicht haben. Aber hier sind wir im konstruktiven Dialog mit den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern. Aufgrund unseres Produktportfolios sind die meisten Produkte, die unsere Kernwettbewerber in Europa und wir herstellen, auch nicht so leicht durch Material aus Drittländern, die andere Kostenstrukturen haben, ersetzbar.
Zurückhaltung bei Bauprojekten
In den letzten Monaten werden so viele Bauprojekte gestoppt bzw. aufgeschoben wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Wie stark sind die Auswirkungen bei Salzgitter, und glauben Sie, dass die Talsohle bereits durchschritten ist?
Wir spüren die Zurückhaltung bei Bauprojekten vor allem bei unserer Tochtergesellschaft Peiner Träger sowie im Stahlhandel. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass unsere Produkte überwiegend im industriellen- und Infrastrukturbau eingesetzt werden und nicht im Wohnungsbau.
Daher hängt die Länge der Marktschwäche vor allem von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab; viele Investitionsprojekte wurden angesichts der rezessiven Tendenzen der deutschen Wirtschaft verschoben. Oftmals handelt es sich aber um Projekte, die grundsätzlich notwendig waren und sind, sodass zu erwarten ist, dass sie unter besseren wirtschaftlichen Bedingungen wieder aktiviert werden.
Ziele und Visionen bei Salzgitter
Was sind Ihre Ziele und Visionen in den kommenden Jahren?
Zunächst einmal arbeiten wir mit Hochdruck an der nahezu vollständigen Dekarbonisierung unseres Hüttenwerks in Salzgitter in Stufen bis 2033. Wir nennen die neue Produktionstechnik SALCOS® – Salzgitter Low Carbon Steelmaking. Derzeit wird die erste Stufe umgesetzt, die schon im Laufe des Jahres 2026 Material mit wesentlich reduziertem CO2-Fußabdruck an Kunden ausliefern soll.
Darüber hinaus arbeiten wir am Aufbau einer Circular Economy, also einer Wirtschaft der geschlossenen Materialkreisläufe. Stahl ist aufgrund seiner Eigenschaft, nahezu qualitätsverlustfrei unendlich Recyclebar zu sein ein hervorragender Werkstoff für die Circular Economy.
Künstliche Intelligenz bei Salzgitter
Die künstliche Intelligenz ist seit Jahresbeginn in aller Munde. Gibt es auch bei Salzgitter intern Prozesse oder Anwendungen, die von KI profitieren?
Bei der Salzgitter AG gewinnt die Künstliche Intelligenz an Bedeutung, insbesondere zur Nutzung intelligenter Technologien für die Entscheidungsunterstützung. Der technologische Wandel erlaubt es uns zunehmend, Wertschöpfungsprozesse automatisiert und digital gestützt in Echtzeit zu erbringen. Im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie spielt die künstliche Intelligenz eine entscheidende Rolle. Umgesetzte Projekte, zum Beispiel mathematische Optimierung oder Planungsunterstützung sind bereits seit längerem im Einsatz.
Die in den letzten Monaten stark auf Large Language Model orientierte KI fokussierte Diskussion ist daher nur ein zusätzlicher Baustein in unserer Strategie. Hier experimentieren wir derzeit mit einer von der SZDS (Salzgitter Digital Solutions) aufgebauten Plattform, um die Integration von KI-Lösungen und Business Intelligence zu vereinfachen, um so effizienter und wettbewerbsfähiger zu werden. Dabei soll die Plattform als Zentrum der KI-Integration sicherstellen, dass KI-Systeme ethisch und verantwortungsbewusst eingesetzt werden, um potenzielle Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz und Entscheidungsfindung zu bewältigen.
Trends der nächsten Jahre
Welche Trends innerhalb der Branche sehen Sie in den nächsten Jahren im Kommen?
Grüner Stahl und die Dekarbonisierung der Stahlerzeugung ist der bestimmende Trend in der europäischen Stahlindustrie für die kommenden Jahre. Die erste Resonanz von Kunden übertrifft unsere Erwartungen und wir gehen davon aus, dass sich die Transformation noch beschleunigen wird.
Schon gegen Ende des Jahrzehnts könnte grüner Stahl die Kostenführerschaft gegenüber der herkömmlichen, CO2-intensiven Produktionsroute erreichen. Hierzu ist allerdings ein Festhalten der gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsträger an den bisherigen Zielen einer Dekarbonisierung Europas erforderlich.
Herausforderungen
Welche zukünftigen Herausforderungen sehen Sie in der Branche und wie plant Salzgitter, diese anzugehen?
Die wichtigste Zukunftsherausforderung ist die Dekarbonisierung; hier sind wir schon heute einer der Vorreiter in der Branche. Sich selbst zu dekarbonisieren ist aber nur die halbe Miete. Wir benötigen grüne Leitmärkte – diese sind gerade am Entstehen und basierend auf den Rückmeldungen von Kunden, die sich teilweise schon Mengen des ersten SALCOS®-Produktionsjahrs gesichert und bezahlt haben. Wir benötigen in Phase der Markttransformation aber auch den Schutz und die Garantie der Politik, dass der geplante Weg der Dekarbonisierung der Gesellschaft nicht verschoben wird, sondern dass die Ziele auf deren Basis wir unsere Investitionsentscheidung getroffen haben bestand haben werden.
Sehr geehrter Herr Heidler, vielen Dank für das aufschlussreiche Interview und weiterhin alles Gute!
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